Dienstag, 28. Juni 2011

Ein Tag wie jeder andere Teil 1

Das Gewinnspiel "Gewicht hat Leben" von Fresh_Ju ist nun vorbei und siehe da: Ich habe tatsächlich gewonnen! Natürlich habe ich gehofft und hätte es schön gefunden, dennoch überrascht mich der Gewinn sehr. Gut, es gab scheinbar auch nicht sooo viele Teilnehmer, was die Wahrscheinlichkeit eines Gewinns natürlich erhöht. Trotzdem freue ich mich ;)

Anlässlich dieser Sache habe ich nun beschlossen meine Siegergeschichte auch hier auf meinem Blog zu posten, parallel zur Filmfabrik. Das heißt die Geschichte wird in 2 Teilen erscheinen, der erste Teil folgt gleich, der zweite Teil wahrscheinlich morgen.
Ich wünsche euch viel Spaß beim lesen und freue mich natürlich wie immer über Lob, Kritik und alles andere.
Für Rechtschreib- und Zeichenfehler entschuldige ich mich sofort. Die übersehe ich beim tippen leider immer wieder gerne.


Ein Tag wie jeder andere

Der Wecker klingelt und meine Hand wandert wie gewohnt zu der „Aus“-Taste. Ich reibe meine Augen. 

Es ist noch viel zu früh. 

Ich will nicht aufstehen. 

Trotzdem schwinge ich meine Beine über die Bettkante und setze mich auf. Die Müdigkeit zerrt an mir und will mich zurück in die Laken ziehen. Ich bleibe stark, stehe auf.
Ich habe gelernt, stark zu sein. Stärker zu sein als meine eigentlichen Bedürfnisse. Wenn ich mich allem hingeben würde, dann wäre ich jetzt fett und würde den ganzen Tag schlafen. Aber das lasse ich nicht zu. Das habe ich hinter mir gelassen.
Müde stehe ich auf und tappe ins Bad. Ich vermeide einen Blick in den Spiegel, binde mir das zerzauste Haar zusammen und streife meinen Pyjama ab, um unter die Dusche zu steigen. Das kalte Wasser trifft meine Haut wie Nadeln. Ich beiße mir auf die Lippen, um nicht zu schreien. Ermahne mich, dass auch Frieren Kalorien verbrennt. Dass ich das hier aushalten muss. Ich halte es 3 Minuten aus, bis ich das Wasser ausstelle und mich in ein Handtuch kuschle. Jetzt bin ich sogar wach.
Ich rubble mich trocken und ziehe die Waage in die Mitte des Zimmers. Bevor ich mich wiege, atme ich tief durch. 
Ich habe Angst, dass sie mehr anzeigt. Angst, eine Niederlage zu sehen.
Ich steige auf die Waage, mit klopfendem Herzen. Das Ergebnis zeigt mir, dass ich wieder einen Kampf gegen die Zahlen gewonnen habe. Jetzt beginnt der Tag ein guter zu werden. Ich schiebe die Waage zurück, streife meine Jeans von gestern über und ziehe mir einen Pulli über den Kopf.
Dann sehe ich in den Spiegel. Eine Hassliebe. Ich will nicht sehen, was er mir zeigt, aber ich muss hineinsehen, wann immer ich kann. Meine Haut ist blass, ich habe Ränder unter den Augen, sie wirken leblos. Ich lege etwas Schminke auf, will lebendig aussehen. Zumindest für die anderen. 

Sie sollen denken, es ginge mir gut.
 
Der Kaffee in der Küche ist grade fertig, meine Mutter sitzt am Tisch und frühstückt. Ich schenke mir eine Tasse ein und überlege, ob ich einen Schuss Milch dazunehme. Wir haben keine Magermilch, also lasse ich es und nehme stattdessen Süßstoff.
„Willst du nichts frühstücken?“, fragt meine Mutter. Wie jeden Morgen. Und wie jeden Morgen verneine ich.
„Ich esse in der Schule“, entgegne ich. Ich lüge. Jeden Morgen lüge ich. Der Kaffee ist mein Frühstück. Jeden Tag. Ich gieße mir etwas davon in meinen Kaffeebecher, den ich mit zur Schule nehme. Dann greife ich meine Tasche und schlüpfe in meine Stiefel. Kurz halte ich inne und prüfe, wie eng sie noch sind. Zwei Finger passen hinein, das ist gut.

Ich öffne die Haustür und kalte Luft peitscht mir entgegen. Der Oktober ist kalt, das Wetter nass und es ist windig. Der Herbst macht mir zu schaffen. Ich fröstele, ziehe meinen Mantel enger um mich. Es ist nicht weit bis zum Bus, aber ich zähle jeden Schritt und rechne dabei aus, wie viele Kalorien ich damit verbrenne. Es macht kaum etwas aus, aber so habe ich etwas zu tun und verschwende keine Gedanken ans Essen. Ich hasse es, wenn ich an Essen denke. Die Gedanken wollen mich verführen. Sie wollen mich dazu verführen, dass ich esse, damit ich fett werde. Das darf ich nicht zulassen. Deswegen zähle ich Schritte.

Im Bus ist es warm, beinahe stickig. Es ist voll und alle reden durcheinander. Ich hasse das. Ich hasse es, wenn die Menschen mir zu nahe kommen. Ich brauche meinen Freiraum und den habe ich hier nicht. Zum Ablenken greife ich in meine Tasche und ziehe meinen iPod hervor. Die Musik drehe ich auf volle Lautstärke, damit ich niemanden reden höre und die seltsamen Blicke ausblenden kann. Dann sind wir da, der Bus hält an.

Schule ist anstrengend. Im Unterricht fällt es mir besonders schwer, mich abzulenken und nicht ans Essen zu denken. Ich sitze da und starre an die Tafel, denke aber nicht mit. Ich kann mich nicht konzentrieren. Mein Bauch tut weh, zieht sich schmerzhaft zusammen. Schnell nehme ich meinen Kaffeebecher und trinke ein paar Schlucke. Ich will nicht, dass jemand mein Magenknurren hört. Ich sehne das Ende des Schulmorgens herbei. Mein Kopf tut weh und ich kann mich nicht konzentrieren. Ich brauche etwas zu essen. Nein halt! Ich brauche nicht. Ich erlaube es mir.
Als der Vormittag vorbei ist, treffe ich mich mit zwei Freundinnen in der Mensa. Sie lachen und reden über ihre bisherigen Stunden. Ich versuche mitzulachen, während ich lese, was es heute zu essen gibt. Alles hört sich ekelhaft an. Es wird damit enden, dass wir drei Pommes nehmen.
Wir sitzen an einem Tisch am Fenster. Jede hat einen Teller Pommes vor sich. Kathrin und Jana haben sich noch Apfelmus bestellt. Ich nicht. Sowas esse ich nicht. Stattdessen beiße ich von einer Pommes ab und trinke einen Schluck hinterher. Dann esse ich die andere Hälfte und trinke wieder einen Schluck. Das Wasser soll meinen Magen füllen, nicht die Pommes.

„Möchtest du probieren?“, fragt Jana. Ich erschrecke und schüttle den Kopf. Kein Apfelmus. Jana zieht die Augenbrauchen zusammen. Ich weiß, dass sie weiß, dass etwas nicht stimmt. Vielleicht nie gestimmt hat.
„Bist du dir sicher?“, fragt sie noch mal nach.
„Ich steh nicht so auf Apfelmus“, sage ich und lache. Unecht.
„Aber du hast kaum was von deinen Pommes gegessen.“ Jetzt mischt sich auch Kathrin ein. Ich verdrehe die Augen.
„Weil ich vorhin erst ein Brötchen gegessen habe. Macht euch keine Sorgen.“ Ich lächle beide an. Trotz der Lüge. Aber die musste sein. Wenn es ums Essen geht, darf ich beide anlügen. Darf ich jeden anlügen.
„Probier trotzdem das Mus. Es ist echt verdammt gut.“ Jana sieht mich auffordernd an und ich weiß, dass ich mich an einer gefährlichen Stelle befinde. Verneine ich erneut, wird sie nachhaken und nicht einfach aufhören. Sie gibt nur Ruhe, wenn ich annehme.

5 Kommentare:

Sui♥ hat gesagt…

Ich finde die Story bis hierher wirklich schon super! *_*
Ich finde dieses Thema eh sehr faszinierend und man kann die "Problematiken" der Krankheit in deiner Geschichte jetzt schon sehr gut erkennen, ohne dass du total abschweifst oder sonst etwas.
Find ich wirklich sehr gut! (:

So - und nun eben zu deiner Frage mit dem Sternzeichen :D
Über sowas mache ich mir ehrlich gesagt keine Gedanken xD
Das Thema Sternzeichen finde ich zwar interessant, aber ob die Kleine nun Waage oder Skorpion wird ... hauptsache, sie wird gesund! (:

Aber iwie fand ich die Frage gut :D
Wie bist du denn darauf gekommen? ^^

- Isabel - hat gesagt…

Die Geschichte ist wirklich gut :)
Habe über das Thema meine Facharbeit - damals inner Schule - geschrieben.
Freue mich auf die Fortsetzung!
XD Solltest mich mal im Zoo erleben...
Erdmännchen und Pinguine fallen alle um, weil ich immer so laut rumquieke XD

- Isabel - hat gesagt…

http://the-years-gone-by.blogspot.com/2011/06/and-award-goes-to-isa-xd.html

Du hast einen Award von mir bekommen ;)

Sarah hat gesagt…

find ich super, herzchen! weiter so!!!

Julia hat gesagt…

Hoffe, das animiert dich dazu, noch mehr Geschichiten zu schreiben und gar auf dem Blog o.ä. zu veröffentlichen (: